Die Gräper-Gruppe hat die Versorgungsstationen im eigenen Werk mit dem Energiemonitoring-System von PQ Plus ausgestattet. Die Erfahrungen sollen in eigene Stationslösungen für industrielle Microgrids einfließen.
Wie müssen Microgrids aussehen, damit sie in der Lage sind Energieerzeugung, -speicherung und -verbrauch ideal aufeinander abzustimmen? Um diese Frage zu klären, ist Transparenz über die Energieflüsse eine zwingende Voraussetzung – bis hinunter auf die Ebene einzelner ausgesuchter Produktionsanlagen. In einem gemeinsamen Projekt testet die Gräper-Gruppe in ihrem Ahlhorner Werk zusammen mit PQ Plus die systematische Erfassung und Analyse der Energieflüsse. Langfristig plant der niedersächsische Stationshersteller die Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt auf industrielle Microgrids zu übertragen und entsprechend den individuellen Kundenanforderungen in seine Trafostationstechnik zu integrieren.
80 Messpunkte reichen
Ende 2023 startete PQ Plus mit der Integration des neuen Energiemanagementsystems in das Werksenergienetz von Gräper. „Da es sich nicht um ein öffentliches Netz handelt, wollten wir im ersten Teilabschnitt des Pilotprojektes alle relevanten Netzgrößen erfassen. Hierzu haben wir insgesamt 80 Messpunkte in den verschiedenen werkseigenen Niederspannungsverteilanlagen verbaut“, berichtet Andreas Bleyer, technischer Vertriebsmitarbeiter bei PQ Plus. Die Integration der UMD 98- und UMD 913-Schalttafeleinbaumessgeräte erfolgte sowohl niederspannungs- als auch mittelspannungsseitig. Die MMI 12-Module für die Stromschienen wurden an mehreren Punkten verbaut, um strategisch wichtige Niederspannungsabgänge zu überwachen. Mit diesen Maßnahmen werden die Verbräuche und Lastkurven ausgesuchter Produktionsanlagen – zum Beispiel Kühlaggregate, Mischanlagen für Beton –, aber auch die Einspeisung der beiden werkseigenen PV-Anlagen exakt überwacht. „Zusätzlich wurden ein paar Abgänge zur Prüfung der Energieflüsse in den Verwaltungsgebäuden mit unseren Messsystemen ausgestattet. Auch einige Messpunkte, welche Wärme- und Wassermengen erfassen, wurden in die Messarchitektur inkludiert“, ergänzt Andreas Bleyer.
Die Montage und Inbetriebnahme der Geräte übernahmen die Montageteams von Gräper, unterstützt durch das technische Know-how von PQ Plus: Im Retrofit wurden die Messungen über Kleinsignalwandler nachgerüstet. Dadruch konnte der Einbau ohne das Abschalten von Anlagenteilen
realisiert werden.
Energiedaten in Echtzeit
Nach der Montage der Hardwarekomponenten wurde das System in Zusammenarbeit mit PQ PLUS parametriert und direkt an das separate Energiemanagement-Netzwerk ENVIS Web des Messtechnikanbieters integriert. Die Software versetzt Nutzer: innen in die Lage, auf die Energiedaten in Echtzeit zuzugreifen. Hierfür visualisiert ENVIS die aufgezeichneten Messdaten aus Dateien oder SQL Datenbanken. Darüber hinaus speichert und visualisiert das ENVIS Energiemanagementsystem alle Messwerte zur Netzqualität und zur Energieeffizienz. Diese Funktionalität gewährleistet, dass auch bei kurzfristigen Netzausfällen keine wichtigen Messwerte verloren gehen. So lassen sich besondere Vorkommnisse, wie beispielsweise Spannungsschwankungen, Netzunterbrechungen und Oberschwingungsbeurteilung, klar identifizieren und zeitlich sowie lokal zuordnen.
Dem defekten Kühlaggregat auf der Spur
Nachdem das System erfolgreich implementiert wurde, konnten bereits erste signifikante Ergebnisse erzielt werden. Durch die Visualisierung der Messwerte wurde klar, wann wo wieviel Energie am Standort benötigt wird. Den Fachleuten fiel direkt eine relativ hohe Grundlast im Werk ins Auge, die über den gesamten Tag hinweg konstant blieb. Damit haben die Unternehmensverantwortlichen einen ersten Anlaufpunkt, den sie energetisch optimieren können. Das Energiemonitoring-System ist zudem in der Lage, signifikante Lastspitzen an einzelnen Produktionsanlagen festzustellen. „Dank der detaillierten Messdaten konnte Gräper die Leckage an einem Kühlaggregat identifizieren. In diesem Fall zeichnete das Monitoringsystem auch am Wochenende ungewöhnliche Leistungsspitzen auf, die über der Grundlast lagen. Nach näherer Analyse konnte der Fehler bis zum fehlerhaften Kühlaggregat eingekreist werden“, erklärt Andreas Bleyer.
Durch die Erkenntnis aus der Lastflussanalyse kann Gräper nun gezielt nach Einsparpotentialen suchen und zukünftig einige Verbraucher – z.B. die Ladeinfrastruktur oder beide werkseigenen PV-Anlagen – so steuern, dass sich Lastspitzen im Werksnetz verringern und die Netzauslastung verstetigt. Zudem strebt das Unternehmen durch effizientere Nutzung der Energieströme eine Reduktion des eigenen CO2-Ausstoßes an.
Weitergedacht
Der niedersächsische Beton- und Energietechnikhersteller entschied sich bewusst für die Messsysteme von PQ Plus, da diese gut für den Neubau und Nachrüstung von Niederspannungsverteilanlagen geeignet sind. „Das flexible Design der Sensorik erlaubt es, das System zukünftig auch für andere Energieträger wie Erdgas oder Wasserstoff anzupassen. Damit eröffnen sich für Gräper neue Geschäftsfelder. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Messtechnik die gesammelten Daten zwischenspeichern und zu einem späteren Zeitpunkt abrufen kann. Durch das intelligente Lastmanagement und die präzise Visualisierung der Energieflüsse können Industriekunden den Energieeinsatz in ihrem eigenen Industrienetz optimieren und somit letztendlich Kosten reduzieren“, resümiert Andreas Bleyer. Dabei stellt die Flexibilität des Systems sicher, dass es für unterschiedliche Strukturen eingesetzt werden kann. Das Energiemanagementsystem, das derzeit im Werk in Ahlhorn in Betrieb ist, soll zukünftig an weiteren fünf Standorten der GRÄPER-Gruppe zum Einsatz kommen. Perspektivisch will Gräper die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse in sein eigenes Produkt- und Dienstleistungsportfolio einfließen lassen, um im nächsten Schritt von der aktuellen Prototypphase zu fertigen Endprodukten überzugehen.